Seit bald zehn Jahren ist die Etablierung einer vielfältigen Verwaltungskultur gesetzlich verbrieftes Ziel in Baden-Württemberg. Bis der Anteil der Verwaltungsbeschäftigten mit Migrationsgeschichte ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung im Land entspricht, ist es allerdings noch ein weiter Weg. Was es braucht, damit Vielfalt zur Selbstverständlichkeit auf allen Ebenen der Verwaltung im Land wird, ist Gegenstand eines Projekts von Führungsakademie und Hochschule Kehl, das vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg gefördert wird.
Der Koalitionsvertrag von Grünen und CDU 2021-2026 sieht vor, die Interkulturelle Öffnung der Landesverwaltung Baden-Württemberg zu unterstützen. Dabei sollen mehr Menschen mit Migrationsgeschichte für den öffentlichen Dienst gewonnen werden. Ziel ist es dabei, langfristig den Anteil von Beschäftigten mit Migrationsgeschichte in der Verwaltung entsprechend ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung in Baden-Württemberg zu erhöhen. Auch im Gesetz zur Verbesserung von Chancengerechtigkeit und Teilhabe (PartIntG BW), das Ende 2015 in Kraft getreten ist, wurden bereits Ziele zur interkulturellen Öffnung der öffentlichen Verwaltung gesetzt. Die interkulturelle Kompetenz der Beschäftigten in der Landesverwaltung gilt es zu fördern, um die Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern mit Migrationsgeschichte im Verwaltungshandeln stärker zu berücksichtigen, Potenziale wahrzunehmen und Zugangsbarrieren abzubauen. Seit Anfang Juli 2024 ist es auch Projektauftrag der Führungsakademie Baden-Württemberg, das Thema zu befördern. Das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration hat die Führungsakademie damit beauftragt, diese Themen weiter voranzubringen und dabei Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, welche die weitere interkulturelle Öffnung der Landesverwaltung und ihrer nachgeordneten Bereiche befördern.
In einem ersten Projektschritt wird geklärt, wo es Veränderungen und weitere Angebote braucht, damit Vielfalt als selbstverständliche Praxis auf allen Ebenen der Landesverwaltung wächst, die Chancengleichheit im Sinne der Förderung von Teilhabechancen von Menschen mit Migrationsgeschichte erhöht wird und die Vorteile divers zusammengesetzter Teams stärker zum Tragen kommen. Dies geschieht unter breiter Beteiligung von Menschen mit Migrationsgeschichte innerhalb und außerhalb der Landesverwaltung, migrantischen Organisationen sowie Netzwerken und Verbänden, die im Kontext von Vielfalt und Diversität arbeiten. Ziel dieser Phase ist es, gemeinsam zentrale Handlungsfelder zu identifizieren. Darauf aufbauend werden im weiteren Verlauf des über 21 Monate angelegten Projekts geeignete Maßnahmen entwickelt und pilothaft umgesetzt.
Neben dem Auftrag an die Führungsakademie ging ein zweiter Auftrag an die Hochschule Kehl. Um die kulturelle Vielfalt in den Verwaltungen zu erhöhen, muss der Blick auch auf die Karrierewege in den öffentlichen Dienst gerichtet werden. Einen wesentlichen Karriereweg bilden hier die Bachelorstudiengänge der Hochschulen Kehl und Ludwigsburg, in welchen Fachkräfte für den gehobenen Verwaltungsdienst ausgebildet werden. Dieser Fokus ist umso wichtiger, da bereits bei den Studierenden in den Verwaltungsstudiengängen Menschen mit Migrationsgeschichte deutlich unterrepräsentiert sind. Hier setzt das Teilprojekt der Hochschule Kehl an. In einem ersten Schritt wird die IST-Situation an der Hochschule Kehl, in den Kommunen und insbesondere unter den potentiellen Studieninteressierten untersucht.
Aufbauend auf den Erkenntnissen werden in einem zweiten Schritt datenbasiert Maßnahmen entwickelt, mit denen der Anteil von Studierenden mit Migrationsgeschichte nachhaltig erhöht werden kann. Flankiert wird das Projekt durch den Aufbau eines Monitoringverfahrens, mit der die Zielerreichung langfristig überprüft werden kann, sowie durch Maßnahmen zur Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung.
Neben dem Landesprojekt „Kompetenzzentrum Digital Leadership“ unter dem Dach der digitalakademie@bw (Digitalakademie) und dem FKE-Projekt „Rahmenkonzept Führungskräfteentwicklung (FKE)“ befasst sich die Führungsakademie bei der interkulturellen Öffnung mit einem weiteren hochaktuellen Thema.
„Das vielfältige Erfahrungswissen und die Kompetenzen von Belegschaften mit unterschiedlicher soziokultureller Prägung sind ein Gewinn für den öffentlichen Dienst und das Verwaltungshandeln, was eine Vielzahl von wissenschaftlichen Studien belegt. Wir wollen mit dem Landesprojekt „Vielfalt@BW“ dazu beitragen, dass Zugangsbarrieren abgebaut, Vielfalt als Normalität und Ressource anerkannt und als integraler Baustein der Personalpolitik in der Landesverwaltung genutzt wird.“ so Dr. Jutta Lang, Generalsekretärin der Führungsakademie Baden-Württemberg.